Anmerkungen zur Stellungsnahme des Instituts

Am 12. Juli 2016 veröffentlichte das Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena eine Stellungnahme zu dem seit Juni 2016 stattfindenden Arbeitskampf am CATI-Labor. Trotz der impliziten Anerkennung der Legitimität des Arbeitskampfes und der Zusage, die Werkvertragspraxis zu beenden, möchten wir, die organisierten Interviewer*innen, kurz folgende Punkte klar stellen:

    

1. Das CATI-Labor wurde mit seinen vertraglichen Grundlagen nicht über 12 Jahre „ohne jeden Konflikt“ betrieben. Seitens der organisierten Interviewer*innen und ehemaligen Interviewer*innen im CATI-Labor wurde in mehreren Gesprächen mit den Verantwortlichen des Instituts darauf hingewiesen, dass sich die Arbeitenden im CATI-Labor über Jahre hinweg mehrfach individuell kritisch zu verschiedensten Aspekten des Arbeitsprozesses gegenüber Institutsmitarbeiter*innen geäußert haben, die Kritik aber auf keine Resonanz stoß. Dies war eine der Gründe, warum wir uns an die FAU gewandt haben, welche uns auch in arbeitsrechtlichen Fragen beriet und Handlungsspielräume aufzeigte.

Zudem bedeutet das Nicht-Wahrnehmen von Kritik nicht, dass die gelebte Praxis legal oder seitens der Arbeitenden gewünscht ist.

2. Wir begrüßen den Willen des Instituts, von der Werkvertragsvergabe beim CATI-Labor abzurücken und damit unsere Hauptforderung des Arbeitskampfes umzusetzen. Die Begründung zur Hinwendung zur Werksvertragspraxis aufgrund von zweistelligen Arbeitslosenzahlen hingegen halten wir für äußerst perfide: „Werkverträge mögen in einem Umfeld mit zweistelligen Arbeitslosenzahlen einen halbwegs tragfähigen Kompromiss zwischen studentischen Jobs und wirtschaftlichen Erfordernissengewesen sein (…)“: Werkverträge als arbeitsmarktpolitisch sinnvolles Mittel? Das sieht noch nicht mal der Gesetzgeber so. Werkverträge waren und sind Verträge für spezielle Formen der Dienstleistung und NIEMALS dazu gedacht oder konzipiert, als Sonderrecht zur Umgehung oder bereichsweisen Aushöhlung von Arbeits- und Sozialgesetzen zu dienen. 

3. Das Institut schreibt, dass „kein Tarifvertrag für Studierende existiert“. Der geltende Tarifvertrag der Länder (TV-L) bezieht sich allerdings nicht auf den Status „Studierende“, sondern schließt in § 1 Abs. 3 c „studentische Hilfskräfte“ aus. Um als eine solche zu gelten, muss das wesentliche Merkmal der Tätigkeit die Erbringung von wissenschaftlichen Dienstleistungen sein (siehe BAG Urteil vom 08. Juni 2005 – 4 AZR 396/04). Sprich, es muss inhaltliche wissenschaftliche Arbeit erbracht werden.

4. Wir begrüßen das Vorhaben, die Vertrags- und Arbeitsbedingungen im CATI-Labor zu verbessen. Um jedoch eine wirkliche Verbesserung der Arbeitssituationen prekär Beschäftigter an Universitäten zu erwirken, bedarf es einer Veränderung auf höherer Ebene. So sehen wir unter den bestehenden Rahmenbedingungen der Unterfinanzierung der Hochschulen nicht ausreichend Gestaltungsspielraum gegeben und halten daher konkrete Konflikte zielführender als Mitverwaltung der Arbeitsverhältnisse.

Zusätzlich möchten wir folgenden Punkt anmerken: In einigen Gesprächen mit Verantwortlichen des Instituts wurde darauf hingewiesen, dass bei einer Schließungdes CATI-Labors die organisierten Interviewer*innen und die FAU die Schuld an der Entlassung von Mitarbeiter*innen des CATI-Labors zu tragen hätten. Verantwortlich für die Folgen eines durch eine „rechtliche Grauzone“ strukturierten Arbeitsplatzes sind diejenigen, die diese Praxis seit Jahren aufrecht erhalten und in keinem Falle jene, die diese Missstände angehen.

5. Die Stellungnahme bezeichnet einen „Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte“ als „geeignete Maßnahme“. Dieser Tarifvertrag wird allerdings nicht von heiteren Himmel fallen, sondern muss durch Organisierung in studentischen Beschäftigungsverhältenissen erkämpft werden. Den Konflikt um das CATI-Labor sehen wir als einen Anfang solch einer Organisierung und soll als Inspiration für weitere Kämpfe dienen. Nicht nur hin zu einen Tarifvertrag, sondern auch darüber hinaus.

Unter Berücksichtigung dieser Punkte sind wir darüber erfreut, dass das Institut die zentralen Forderungen unseres Arbeitskampfes in ihr Statement – und hoffentlich zukünftiges Handeln – aufgenommen hat.

Die organisierten Interviewer*innen im CATI-Labor

(Zweiter) Offener Brief einiger studentischer und wissenschaftlicher Hilfskräfte an das Institut für Soziologie sowie die Leitung der Universität Jena

Weiterhin gibt es einen leicht abgewandelten offenen Brief von Seiten studentischer Hilfskräfte an das Institut und die Uni. Die Uni-Leitung wird dazu aufgefordert, die Forderungen umzusetzen, das Institut, sich mit dem Arbeitskampf zu solidarisieren. Er wurde von 14 studentischen Arbeiter_innen unterschrieben und der Uni-Leitung heute per Post zugesandt.

Offener Brief einiger studentischer und wissenschaftlicher Hilfskräfte an das Institut für Soziologie sowie die Leitung der Universität Jena

Wir, allesamt studentische oder wissenschaftliche Hilfskräfte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, solidarisieren uns mit dem Arbeitskampf der Telefon-Interviewer_innen vom CATI-Labor des Jenaer Soziologie-Instituts und den Forderungen der FAU Erfurt/Jena. Sie wehren sich zu Recht gegen die Praxis der Universität Jena. Am CATI-Labor werden über Werkverträge, Scheinselbstständigkeit und einem Lohn weit unter Tarifniveau Sozialausgaben auf dem Rücken unserer Mitstudent_innen eingespart und Lohndumping betrieben.

Wir freuen uns, dass einige der studentischen Arbeiter_innen den Mut und die Kraft gefunden haben, kollektiv gegen die Ausbeutung ihrer Arbeitskraft vorzugehen. Wir stellen uns hinter ihre Forderungen und werden im Folgenden auch praktisch ihre Aktionen unterstützen.

Wir halten die Leitung der Universität Jena an, den Forderungen der Telefon-Interviewer_innen vom CATI-Labor umgehend nachzukommen bzw. alle Hebel in Bewegung zu setzen, dass diese erfüllt werden. Auch rufen wir das Institut für Soziologie der Universität Jena auf, sich wie wir hinter die Forderungen der Betroffenen zu stellen.

In Solidarität mit dem Arbeitskampf am CATI-Labor!

Hilfskräfte der Universität Jena

Offener Brief der Studentischen Hilfskräfte der Uni Jena an das Soziologie-Institut

Wir veröffentlichen den Offenen Brief studentischer Hilfskräfte verschiedener Institute an das Soziologie-Institut. Darin solidarisieren sie sich mit dem Arbeitskampf am CATI-Labor. Er wurde von 22 studentischen Arbeiter_innen unterschrieben und der Institutsdirektorin heute persönlich überreicht. Ein Kopie liegt uns vor.

Offener Brief der Studentischen Hilfskräfte der Uni Jena an das Soziologie-Institut

Wir, allesamt Studentische Hilfskräfte (SHK) bzw. Hiwis an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, solidarisieren uns mit dem Arbeitskampf der FAU Erfurt/Jena und der Telefon-Interviewer_innen vom CATI-Labor des Jenaer Soziologie-Instituts. Während die Uni am CATI-Labor über Werkverträge, Scheinselbstständigkeit und einem Lohn weit unter Tarifniveau auf dem Rücken unserer Mitstudent_innen Sozialausgaben einspart und Lohndumping betreibt, speist sie uns mit Hiwi-Verträgen ab, die auf wenige Monate beschränkt sind, bezahlt uns schlecht und entlohnt einen Teil der von uns de-facto eingeforderten Arbeitszeit gar nicht.

Wir freuen uns, dass einige der studentischen Arbeiter_innen den Mut und die Kraft gefunden haben, kollektiv gegen die Ausbeutung unserer Arbeitskraft vorzugehen. Wir stellen uns hinter ihre Forderungen und werden im Folgenden auch praktisch ihre Aktionen unterstützen.

Wir halten das Institut für Soziologie der Uni Jena an, die Forderungen der Telefon-Interviewer_innen vom CATI-Labor umgehend umzusetzen bzw. alle Hebel in Bewegung zu setzen, dass sie erfüllt werden.

In Solidarität mit dem Arbeitskampf am CATI-Labor!

Studentische Hilfkräfte der Uni Jena

 

Bericht der FAU Erfurt/Jena zur Kundgebung vom 24. Juni und der Institutskonferenz vom 22. Juni

Studentische Beschäftigte des CATI-Labor, einige FAU Aktivist*innen und mehrere Sympathisierenden fanden sich gestern um 18 Uhr spotan zusammen, um dem Arbeitskampf am – von dem Institut für Soziologie betriebenen – CATI-Labor den Besucher*innen des universitären Sommerfest bekannt zu machen. Auch wenn die Provinz-High-Society zumeist mit Ignoranz ála „sucht euch doch einen anderen Job, wenn es euch nicht passt“ glänzte oder gar die Annahme des Flyer gleich ganz verweigerten – wie beispielsweise der sozialdemokratische Bürgermeister der Stadt Albrecht Schröter –, stieß der Flyer vereinzelt auf Interesse.
Mit der Aktion und der Verteilung von rund rund 150 Flyer im Vorfeld der Rede des Kanzlers der Friedrich-Schiller-Universität Klaus Bartholmé auf dem Sommerfest haben wir das Thema auch über das soziologische Institut hinaus öffentlich gesetzt.

Darüber hinaus gab es in der vergangenen Woche weitere Entwicklungen. Nach dem Streuen der Flyer am Institut und den Aufhängen von Plakaten hat das Thema Arbeitskonflikt die in der vergangenen Woche stattgefundene Institutskonferenz der Soziologie dominiert. Dort wurde u.a. ein von den Verantwotlichen beauftragtes Gutachten der Rechtsabteilung der Universität verlesen, welches unsere Auffassung teilt, dass die Arbeitsbedingungen im CATI-Labor wesentlich denen eines Arbeitsverhältnis entsprechen und nicht der Selbstständigkeit eines Werkvertrages. Als Ausweg empfiehlt die Abteilung die Beschäftigung der Interviewer*innen als studentische Hilfskräfte (SHK), womit widerum eine tarifliche Bezahlung unterlaufen wird. Denn SHKs sind explizit vom Tarifvertrag der Länder ausgeschlossen sind (§1 Abs. 3). Dabei gilt als SHK allerdings nur, wenn mindestens 50% der Tätigkeit als wissenschaftlich einzuordnen sind. Dies trifft wahrlich nicht auf die Callcenter-Tätigkeit im CATI-Labor zu, womit der nächste Konflikt vorprogrammiert ist.

Trotzdem wäre die Umstellung von Scheinselbstständigkeit durch Werkverträge auf SHK Stellen, wo Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc. gewährt schon als Erfolg zu verbuchen. Wir halten aber weiterhin an unserer Forderung der tariflichen Bezahlung, auch für schon bestehende Arbeitsverhältnisse fest und bereiten weitere gewerkschaftliche Maßnahmen vor

Quelle: https://www.fau.org/ortsgruppen/erfurt-jena/art_160625-173959

Pressemitteilung: Arbeitskampf im CATI-Labor der Universität Jena

Beschäftigte des universitären CATI-Labors sind an die Freie Arbeiter- und Arbeiterinnen Union (FAU) Erfurt/Jena herangetreten um gegen ihre Arbeitsbedingungen zu protestieren. Im CATI (Computer-assisted telephone interviewing)-Labor werden telefonische Umfragen und Interviews für universitätsinterne, wirtschaftliche und politische Auftraggeber durchgeführt. Betrieben wird das CATI-Labor vom Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Werkverträge zwingen die Beschäftigten in die Scheinselbstständigkeit und unterwandern den Tarifvertrag der Länder (TV-L) sowie grundlegende arbeitsrechtliche Mindeststandards. Vertraglich soll das Werk, geführte Interviews, bezahlt werden, während faktisch die Arbeitszeit nach Mindestlohn bezahlt wird.  

Mit der Unterstützung der FAU Erfurt/Jena fordern die organisierten Beschäftigten reguläre Arbeitsverträge anstatt der Werkverträge und damit die Umsetzung geltender Arbeitsgesetze und der Bildschirmarbeitsverordnung. Außerdem fordern sie eine an Tarifvertrag orientierte Vergütung von 13 Euro und die zuverlässige, zeitnahe Überweisung der Löhne.

Das Institut für Soziologie der Universität Jena ist deutschlandweit bekannt für seine enorme akademische Produktivität und gewerkschaftsnahe Forschungsausrichtung. Umso mehr erstaunt es, dass das Institut im CATI-Labor die gewerkschaftlich erkämpften Errungenschaften unterläuft.

Die prekäre Finanzierung der Universität führt immer mehr dazu, dass reguläre Beschäftigungsverhältnisse durch billige studentische Arbeitskraft ersetzt werden, sei es im CATI-Labor, in der EDV oder den universitären Bibliotheken. Dieser Praxis stellt sich die FAU gemeinsam mit den Beschäftigten entgegen.

FAU Erfurt/Jena,

Jena, den 20. Juni 2016

 

Mehr Infos unter www.catilabourstruggle.blackblogs.org

Kontakt per Mail an fauj@fau.org oder telefonisch 015753351394